Ocellus II

Das Natürliche ist nicht anstößig.


Stetes Klopfen der Hacken, Schreie der Angst in der Ferne:
Die letzten der Hominini verbannt in die Berge,
unter Tage als Sklaven der manischen Kerfe,
gefangen in Angst und gedanklicher Schwere.
Der Insektenschwarm beflügelt durch der Menschenrasse Lüge,
denn im Schatten zeigt selbst sie ihre echsenhaften Züge.
Gleichermaßen kaum/ Diebe, die noch Gier empfinden,
da sie hier für Goldstaub nur einmal einzuatmen brauchen.
Schockzustand, Entsetzen, denn die Augen reflektieren,
Hunderttausende von Tieren, die die Stollenwand zerfressen.
Und Regenwürmer beißen sich Krebsgeschwüren gleich,
in den Köpfen dieser Menschenrasse fest um sie zu leiten.
Hoffnungsschimmer keimen, doch sie welken in Sekunden, denn
das Sonnenlicht ist scheinbar in der Kälte längst entschwunden.
Trümmerhaufen, Leichenberge, Dunkelheit, Zerfall,
tote Lippen heischen, doch ihr stummer Schrei verhallt.
Einst die Mächte in der Hand, heut´ den Spaten und die Schippe,
denn der Nahrungskette Spitze knüpft am Ende wieder an.
Der rote Glanz der Fackeln spiegelt sich in Kinderaugen, eine
Krippe im Morast und ein Wiegenlied in Spinnenlauten.
Käferlarven zeigen sich in Folge ihrer Wandels..
golden und ihr Klang lässt..die Nervenbahnen reißen.

Schwerelos

Schwerelos, körperlos..im Sternensystem,
in der Ferne der Mond und der Erdenplanet,
von der Schwärze umfangen, von Funken getragen,
die Gesundung erahnend, doch zum Sterben verdammt.
Graue Sphäre, blaue Meere, die Berge, das Land,
ein vom Leiden gezeichnetes Porträt des Giganten..
Wolkenschleier brechen..doch über ihnen thront eine
Sonnenscheibe deren Kern noch Friede innewohnt.
Lavaflüsse finden durch die Magmaschichten, dringen
an die Oberfläche und..lassen Gasgemische züngeln.
Ein stummer Schrei benennt, was nicht abzuwenden ist,
eine Sache, so gewiss, doch von Unsereins verdrängt,
denn, wenn die Zeit es so will, lassen blutrote Flammen
dieses Reich wohl endgültig in dem Glutofen branden..
im Nebelschleier enden – und genauso wird sie dem
Planet im rechten Augenblick neue Lebensgeister schenken.

Laura Madeliér


Purpurroter Rauch erfüllt das Etablissement, und
Laura Madelíer steigt aus der Nebelwand empor.
Ich erahne erst, wie klein und nichtig doch mein Leben ist,
als ich das Angesicht der Maid vor mir erfasse, welche schein-
bar auf den Händen laufend im Applaus der Menge badend
das Spalier zur Bühne nimmt und nun im Rampenlicht erscheint.
Lauras Sangeskünste bleiben eine Ode an den Blues,
ihre Strophen leicht verrucht, doch elegant zwischen den Zeilen,
selbst ihr Tanz ist ohnegleichen – mit der Jazzgitarre eins,und
die Menschenmasse feiert und lässt Achtung angedeihen.
Schampusflaschen kreisen, bis die Stimme dieser Frau
vereint ist mit dem Jubel welcher letztlich mündet in Applaus.
Sie verbeugt sich und verschwindet wie im Rausch durch das Spalier,
Ich nehme noch ein letztes Mal die Stimmung auf, als bleibe mir
von Mrs. Laura Madelíer ein wenig mehr als ihre Verse
und das edelste Odeur, das sich im Augenblick verliert.

Venezia

Und das Abendgrauen kleidet jenes Viertel in Tristesse,
stete Stürme im Geäst kommen Klagelauten gleich.
Fassaden hell und rein, doch in den Nebengassen selbst
werden Pflastersteine dunkel und die Efeuranken welk.
Meist sind´s die Kapellen, denen Blicke der Touristen
gelten, selten die Bambinos, die in Hinterhöfen kicken.
Selten auch der Blick zu den Wäscheleinen rauf, denn der
Schatten dieser Stadt wird nicht in Kerzenschein getaucht.
Die Röte uns´rer Sonne..verbirgt sich hinter Wolkenmeeren,
brechen diese, fällt sie auf die Kirchen und die Gondolieri,
auf Touristen und die Liebenden..die Seufzerbrücke bittet
die Romantiker zum Tanz für ein-zwei träumerische Blicke.
Und immer neue Menschentrauben starren auf das Meer, so
als habe es ´nen Wert..als verstünden sie das Meeresrauschen.
Doch sie schließen ihre Augen, ist die Gegend ihn´ zu trist,
denn mögen sie auch viel erleben: Verstehen könn´ sie´s nicht.

Jolly Buckle I

Gale Crossing 1908

Der Postwagen rumpelt durch die Ortschaft im Dunkeln,
verfolgt von den Waltons, die mit Colts schon seit Stunden
auf die Holzmaserung des Wagens schießen, laden, zielen,
da unter der Plane rund ein dutzend Goldbarren funkeln.
Staub wirbelt auf, denn der Kutscher gibt die Sporen,
doch die Stunde ist gekommen und er schaut in den Lauf!
Ein Schuss und er fällt/ röchelnd in den Wüstensand..
die Rösser leisten Widerstand bis die Kutsche zerschellt.
Die Walton-Brüder nähern sich dem Bretterhaufen, und
tun singend den Gewinn voller Selbstvertrauen kund.
Danny raucht ´ne Fluppe/ in der Abendluft als Max
dem schwerverletzten Kutscher den Gnadenschuss verpasst.
Tom packt das Gold inzwischen in zwei Leinentaschen,
und gönnt sich ein paar Schlücke aus der Weinbrandflasche.
Er wirft sie seinen Brüdern zu, stimmt pfeifend einen Song
an..sie stimmen ein und reiten gemeinsam Richtung Sonne.




Evolution

"Du kerkerst den Geist in ein tönend Wort, doch der freie wandelt im Sturme fort."

Die sauren Flüsse sind versiegt, es ist eigentlich perfekt,
das Menschenvolk zerfressen von sei´m eigenen Infekt,
verstorben und verrottet, Tod durch Selbstverschulden, Milben
sind die letzte Hoffnung, da sich um sie Zellstrukturen bilden
und in feuchten Habitaten/ wachsen Mikroorganismen,
die sich wiederum entwickeln..zu neuen Pflanzenarten.
Augenblicke werden Jahrmillionen,/ wenige Ressourcen
wirken fast wie Wachstumsdrogen für den Mehrzeller von Morgen,
der zum Wirbeltier heranreift durch den Kampf der Selektion,
an dessen Ende die behände Art des Affenmenschen thront.
Der Einschlag eines Blitzes, erste Grenzerfahrungen,
der schwere Weg des Fortschritts jener Menschenartigen.
Das Feuer und das Rad/ werden neuentdeckt, danach
dauert es nur Augenblicke und sie Zeugen jene Art,
die mit Steinwerkzeugen Eichenkeulen baut und sich damit bekriegt,
denn ist das Überleben sicher, dann entwickelt sich der Trieb
nach Macht, ein Herrscherdrang im Wesen..Wissen wird nun wichtig,
sie entwickeln neue Schriften und erlernen, sie zu lesen.
Eine Menschenrasse, deren Artform sich veränderte,
vom Einzeller zum Freidenker zum Planer von Gefängnissen.
So verbreitet sich erneut die Pestilenz und die Gestalten,
die sich Gott verpflichtet fühlen, führen Ketzer an den Galgen,
und berufen sich auf Keilschriftzeichen..entartet und im Groll
entfachen sie voll Stolz und Genugtuung die Reisigzweige.
Das schwarze Band verbindet Antike und Gotik, der Grund-
Stein für die Renaissance in Form der ottonischen Kunst.
Sturm und Drang, der Wurzelstrang, der Samen uns´rer Postmoderne,
doch er fruchtet dank Lamarck in Brandschatzung der Gotteswerke.
Sklaven dieser Zeit ziehen mit Lammblut durch die Gassen, da
Kirchgänger und Priester ihren Standpunkt nicht verlassen.
Existenzen sind gespalten und Dekaden sind verlor´n,
denn der Ausbruch des Infekts..steht abermals bevor.

Das Biest

Teil 1: Zauberei

Der Einzug der Tristesse..ein regnerischer Tag,
die Erscheinung stand wie Chadwick am See an der Gestade,
warf Blicke in die Tiefe..und zog an der Jin Ling,
der See geriet in Wallung und wogte sich im Wind.
Der, den die Medien später als der Zauberer betitelten,
schritt in den Wald zu einer Hütte, die schon baufällig erschien.
Die Kapsel in der Tasche, als wär ihm sein Ende schon bewusst,
betrat er die Hütte, das Zentrum des stechenden Geruchs.

In der Mitte des Raumes, auf einem Arztstuhl festgeschnürt,
lag eine zierliche Frau mit einer Narbe auf der Stirn.
Der Mann nahm die Laubsäge..schnitt in aller Gemütsruhe
den Cranium auf, lächelte und ging dann zur Gefriertruhe.
Er fand, was er suchte: Ein Teil eines Tigergehirns..er
nahm´s aus der Truhe, denn er wollte es ihr implantier´n.
Der Zauberer desinfizierte das Hirn..und pflanzte es ihr ein,
chirurgisch schloss er ihre Stirn und machte sich bereit,
nicht mehr lange, dann war sie vom Barbital befreit,
das Muskelfleisch zuckte leicht, nun war es an der Zeit.

Teil 2: Das Biest

Sie brüllte aus Leibeskräften, zerriss ihre Eisenketten,
sah ihn lächeln und beschloss sich an dem Schwein zu rächen.
Sie griff den Mann, schmiss ihn dann durch die Hüttentüre,
doch verspürte dabei alles and´re als Spaß oder Glücksgefühle.
Nein, sie brauchte MEHR! ..musste sie stillen, die Jagdgelüste,
und streunte durch den Wald, hin zu den Straßenlichtern.
Sie roch etwas und hoffte, dass es etwas fressbares war..
und tatsächlich: ein Rentner! Sie stellte ihm nach.
Denn dieser Mann war ihr Abendessen/ also sprang sie ihn an,
rammte ihm dann, die Hand in die Magendecke./
Er schrie, das Blut pumpte DURCH die Schlagader, das Biest
war im Trieb und dem Zaub´rer jede Sekunde dankbarer.